Weder Kapitalismus noch Demokratie galten in den 1920er und 1930er Jahren als Pfeiler der Stabilität. Das begann sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu ändern. Dargestellt wird dieser Wandel in der Regel als Triumph von kapitalistischer Konsumgesellschaft und wohlfahrtsstaatlich gesicherter Demokratie über Faschismus und Kommunismus. 70 Jahre Bundesrepublik bieten Anlass, diese Sicht neu zu bewerten.
Hermann Bücher zum Beispiel, Vorstandsmitglied des Reichsverbands der Deutschen Industrie, hielt Politiker für ökonomisch inkompetent und Parlamente für ungeeignet, um die wirtschaftlichen Grundlagen moderner Gesellschaften zu gestalten. Dennoch avancierte er nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem wichtigen Berater der ersten bundesdeutschen Regierung unter Konrad Adenauer. Wie kam es dazu, dass Akteure wie Hermann Bücher in Deutschland, genauso wie andere in Frankreich, demokratische Regierungen als Partner des Kapitalismus akzeptierten?
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Die Symptome weitreichender Umbrüche sind nicht mehr zu ignorieren: Der Zusammenhang von hoher Produktivitätsentwicklung, sozialstaatlicher Umverteilung und der Entwicklung pluralistischer, multikultureller Lebensverhältnisse löst sich auf. Das wirft die Frage nach der "Führung" durch die herrschende Klasse oder wirtschaftlich-politische Elite auf. Für Europa und insbesondere für Deutschland stehen mit den sozialen Veränderungen sowie mit den geopolitischen Umwälzungen enorme Herausforderungen an, die mit einem "Weiter so" nicht zu bewältigen sind.
Kershaws große Geschichte Europas im 20. Jahrhundert geht weiter
In seinem preisgekrönten Bestseller "Höllensturz" hat Ian Kershaw meisterhaft die dramatische Geschichte Europas in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erzählt. In seinem neuen Buch "Achterbahn" nimmt der renommierte Historiker nun die Jahre von 1950 bis heute in den Blick und spannt einen großen Bogen von der existentiellen Unsicherheit, die die Staaten Europas im Kalten Krieg durchlebten, bis zu den Herausforderungen, vor denen sie heute, in Zeiten ökonomischer und politischer Krisen stehen.
Oberpfalz, 1980er Jahre: Die Arbeitslosenzahlen steigen und der Landrat Hans Schuierer (Johannes Zeiler) steht unter Druck, Perspektiven für die Bevölkerung zu schaffen. Da erscheinen ihm die Pläne der Bayerischen Staatsregierung wie ein Geschenk: In der beschaulichen Gemeinde Wackersdorf soll eine atomare Wiederaufbereitungsanlage (WAA) gebaut werden, die wirtschaftlichen Aufschwung für die ganze Region verspricht. Doch als der Freistaat ohne rechtliche Grundlage mit Gewalt gegen Proteste einer Bürgerinitiative vorgeht, die sich für den Erhalt der Natur in ihrer Heimat einsetzt, steigen in Schuierer Zweifel auf. Vielleicht ist die Anlage doch nicht so harmlos wie behauptet. Er beginnt nachzuforschen und legt sich mit der mächtigen Strauß-Regierung an.
Ulrike Meinhof, Horst Mahler und Gudrun Ensslin waren nicht nur Begründer der Rote Armee Fraktion, sondern gehörten auch zum exklusiven Stipendiatenkreis der Studienstiftung des deutschen Volkes. Bislang befanden sich die Förderakten - mit ausführlichen Lebensläufen, genauen Semesterberichten und aussagekräftigen Gutachten - unter Verschluss. Weder Journalisten noch Wissenschaftler konnten diesen einmaligen Quellenfundus nutzen. Nicht einmal dem Generalbundesanwalt wurde Einsicht gewährt, als er zur Vorbereitung der Terroristenprozesse in den 1970er Jahren beim größten und renommiertesten deutschen Begabtenförderungswerk entsprechend nachsuchte. Die Terroristen in nuce hätte er in den Dokumenten kaum gefunden.
Der neuntägige Staatsbesuch des persischen Schahs Mohammed Reza Pahlavi und seiner Frau Farah im Mai/Juni 1967 wurde von bundesweiten Protesten begleitet, in deren Verlauf am 2. Juni der Polizist Karl-Heinz Kurras den Studenten Benno Ohnesorg in West-Berlin erschoss. Über die historische Bedeutung des 2. Juni 1967 als Ausgangspunkt von "68" und als Wendepunkt in der Geschichte der Bundesrepublik ist bereits viel geschrieben worden. Doch der ursprüngliche Anlass der Proteste, der Schahbesuch, findet in den meisten Darstellungen kaum Berücksichtigung.
Vom Wehrmachtsgeneral zum Geheimdienstchef.
Reinhard Gehlen war eine der umstrittensten politischen Gestalten der Bonner Republik. Einst als Chef der Abteilung Fremde Heere Ost mitverantwortlich für Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion, baute er nach 1945 unter Anleitung der US Army mit ehemaligen Generalstabsoffizieren der Wehrmacht einen westdeutschen Geheimdienst auf. Die Organisation Gehlen wurde 1956 zum Bundesnachrichtendienst (BND), der bis 1968 unter Gehlens Leitung stand. Auf der Grundlage erstmals zugänglicher BND-Akten und vieler weiterer Quellen hat Rolf-Dieter Müller die Biografie Reinhard Gehlens rekonstruiert und zeigt die Bandbreite seines Handelns und seiner persönlichen Verantwortung. Gehlens Biografie bietet einzigartige Einblicke in die Welt der Geheimdienste.
Die Befreiung vom Faschismus 1945 ermöglichte in Deutschland den Neuanfang einer freien und demokratischen Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen. Vielfach setzten Industriebelegschaften mit ihren Betriebsräten aus eigener Initiative die Produktion wieder in Gang. Die Macht der alten Geschäftsleitungen und NS-"Wehrwirtschaftsführer" war damit durchaus nicht gebrochen - Konflikte um Entnazifizierung und Demokratie im Betrieb waren die Folge.
Er ist in aller Munde, der "verordnete Antifaschismus" der DDR, und man ist tatkräftig dabei, ihm ein Ende zu bereiten. Die heutige Verordnung lautet auf das Gegenteil: der Opfer Hitlers soll nicht mehr gedacht werden, die KZ-Gedenkstätten sollen nicht mehr zugänglich sein, Mahnmale werden abgerissen und die Namen der Widerstandskämpfer aus Büchern und aus dem Straßenbild gelöscht. Die wenigen noch lebenden Antifaschisten werden gedemütigt, vor Gericht gezerrt, ihre Renten gestrichen, ihre Taten verleugnet. Anhand zahlreicher konkreter Beispiele dokumentiert dieser Band, wie sich Hitlers Nachfolgestaat an der DDR für deren Antifaschismus rächt.
Sie hatten ihre Karriere im Dienste des NS-Staates begonnen - und setzten sie bruchlos in der der neuen Bundesrepublik fort. So bereitwillig sie der braunen Ideologie gedient hatten, so engagiert traten sie nun für die Demokratie ein. Kriegsgerichtsräte fällten wieder ihre Urteile, einst regimetreue Professoren lehrten und die Journalisten aus den früheren Propagandakompanien schrieben, als hätten sie sich nichts vorzuwerfen. Damit gewann der junge Staat zwar politische Handlungsfreiheit zurück, gründete seinen Erfolg aber auf einen moralischen Widerspruch, der nicht aufzulösen war: Die Demokratie wurde mitaufgebaut von ihren Feinden.
